Was'n los ?

Leseproben aus meinem Buch des Jahres 2008

 

 

Der Bunker 

Ich geh nur mehr ganz selten
jene Straße hoch
wo keine 3 m hinter der
verdorrten Himbeerstaude
der trutzige Betonklotz
mit den MG-Schlitzen kauert

50 Jahre nach Kriegsende
und immer noch unversehrt
meterdicke Mauern
sieht schauderhaft aus
sage ich
jagt mir diesen Krempel
in die Luft
schafft ihn mir aus den Augen
diesen Kriegsblock am Waldrand
zwischen Wohnhäusern vergessen

Die Sandler sollen sich ein
anderes Scheißhaus suchen
ich muss immer daran denken,
wie ich mit neun Jahren
an den Sonntagsspaziergängen
mit meinen Eltern
selbst dort reingepinkelt habe

 

* * * * *
 

 

Vater 

Er ist seit knapp 30 Jahren tot
und ich hab ihm damals keine
einzige Träne nachgeweint 

Er war ein mieser Tyrann
hat Mutter und mich
stets angeschrien und verdroschen 

Er war hassenswert und Furcht erregend
Mutter hat ihn gefürchtet
ich ihn gehasst 

Er war nicht immer so
will mir heute scheinen
der Krieg hat ihn zum Tyrannen gemacht 

Er hat mir ein einziges Mal
von dieser Tyrannei erzählt
als er in Russland zum Einsatz kam 

Er hat sie schreien hören, die Jungen
um ihn herum, als sie zum ersten
Sturmangriff getrieben wurden 

Er hat für mich ihre Schreie nachgemacht:
“Muuuutaaa, Muuutaaa…“ während
das Blut die Gräben tränkte 

Er hat auch die zerfetzten Leiber gesehen
hat die Hundemarken von ihren toten Hälsen
gerissen und die eine Hälfte nach Hause geschickt 

Er wurde von einem Russen
ins Kreuz geschossen – von Tausenden
überlebt nur einer so etwas 

Er hat überlebt – körperlich
seelisch jedoch war er seither tot
ein toter Tyrann, der nicht anders konnte

Sie haben ihm die besten Jahre
seines Lebens genommen
und ihn dann weggeworfen 

Heute hasse ich ihn lange nicht mehr
Heute fehlt er mir bei allen wichtigen Dingen
Heute lebt er in mir weiter … oder ich in ihm

 

* * * * *
 

 

Mutter 

Sie ist seit über 10 Jahren tot
und ihr habe ich
viele Tränen nachgeweint

Sie hat mich während des Krieges
einverleibt bekommen
während eines Fronturlaubs

Sie hat mich 1943 unter unvorstellbaren
Umständen geboren
im Bombenhagel in Wien 

Sie hat mich in alle möglichen
Luftschutzkeller geschleppt
wenn die Sirenen schrien

Sie hat einen todkranken und
schwerst verwundeten Kriegsversehrten
von der Front nach Hause bekommen

Sie hat stets mit Unterernährung
zu kämpfen gehabt – immer um die 55 kg
Vater und ich bekamen stets unser Essen

Sie hielt eine winzige, zerbombte Wohnung
sauber und sah zu, dass ich ordentlich
zur Schule ging und dort brav lernte 

Sie stand stets als Puffer
zwischen meinem tyrannischen Vater
und mir – sie hat mich oft vor ihm gerettet
 

Sie verfolgte die Wirren meines Lebens
mit Sorge und viel Glauben im Gebet und war froh
als ich einen Beruf hatte und eine Frau 

Sie wurde Witwe und kam in ein Altenheim
ihre Kraft ließ nach und sie brauchte
die letzten beiden Jahre Pflege rund um die Uhr

Sie hat sich immer ein rasches Ende und
eine glückliche Sterbestunde gewünscht
was ihr beides nicht vergönnt war 

Heute noch denke ich liebevoll an sie zurück
und bin sicher, dass sie zur rechten Hand Gottes sitzt
denn sie war ein herzensguter Mensch …

… auch sie lebt in mir weiter

 

* * * * *
 


 

Die Pille 

Ich hab mich bisher mit allen Unstimmigkeiten
meines unbedeutenden Lebens abfinden können:
Sehschwäche von Kindheit an,
Darmerkrankungen ungewisser Herkunft,
verbogene Nasenscheidewand,
eingewachsene Zehennägel,
ausgefallene Zähne und kein vernünftiger Ersatz,
fast keine Tränenflüssigkeit mehr usw. usw.
Eins davon genügt schon
um einem die Suppe gehörig zu versalzen.

Und jetzt meldet sich auch noch mein Pissvogel
zu Wort und teilt mir unverhohlen mit,
dass er nur mehr sehr eingeschränkt
seine ursprüngliche Härte erreichen kann.

Na das kann ja heiter werden!
Keine Weiber mehr ficken können
das hab ich mir in meinen finstersten Nächten
nicht träumen lassen.

Mit knapp 63 liegt das nicht mehr an der Psyche
da sind schon handfeste Abnützungserscheinungen
im Spiel – klar!
Aber auch dagegen soll ja bekanntlich
ein Kraut gewachsen sein: das Dreigestirn
Levitra – Viagra – Cialis.

Vorsichtig lese ich mich in die Materie ein
höre mich bei Freunden und Bekannten um
wobei ich Werbung, Prahlerei und Lüge
auszufiltern versuche.

Doch was übrig bleibt
ist auch nicht wirklich erhebend!

Die Nebenwirkungen sind’s
die mich vorerst nachdenklich stimmen
und Sex gar nicht mehr so erstrebenswert
scheinen lassen.

Bleibt noch der Gang zum Urologen

Den verschiebe ich Woche um Woche
dann Monat um Monat.

Schließlich setzt mir mein erheblich jüngeres
und sexuell recht aktives Weib immer mehr zu
sodass ich den Weg auf mich nehme.

„Ahh, Herr Schida! Haben sie den jungen Burschen
der vor ihnen dran war, rausgehen sehen?“

“Hmm, ja, aber ich hab nicht so darauf geachtet.“

“Der ist um knapp 40 Jahre jünger als sie
und leidet an dem gleichen Symptom.
Bei ihm ist es aber psychischer Natur.“

“Das hab ich mir fast gedacht,
denn in seinem Alter konnte ich
Impotenz noch nicht einmal buchstabieren.“

„Aber zu Ihnen: Ich gebe ihnen hier gleich mal Viagra;
das nehme ich selbst, wenn einmal wegen
Schlechtwetters ein langes Wochenende mit meiner
Frau vor der Tür steht. Sie verstehen?“

Klar verstehe ich, er ist gut 10 Jahre jünger als ich
und mit Frau meint er sicher seine 24 jährige Freundin
der alte Knacker! 

Er schiebt mir so eine Klarsichtpackung mit 4 Pillen
zum Rausdrücken über seine gläserne Tischplatte:

„Macht 60 Euro - wenn sie bitte gleich bezahlen!
Und versuchen sie zuerst einmal die Dinger
mit einem scharfen Messer zu zerschneiden.
Ich habe Patienten, die kommen mit einer
Drittelpille schon ganz schön in Fahrt.
Aber eines muss ich ihnen noch sagen:
“Die Frau muss sie auf jeden Fall heiß machen,
sie müssen geil auf sie sein, sonst klappt
das auch mit diesem Mittel nicht.
Also Fernsehen beim Verkehr ist gestrichen!“"

„Klar, Doc!“

Ich löhne die 60 Mäuse
mach meinen Diener und bin draußen.

“Und lassen sie sich noch einen
neuen Termin für November geben,
da machen wir dann die Tumormarker,
das ist ein harmloser Bluttest.“

Ob sich mein kleiner Piepmatz zu Hause
jetzt mit der kleinen blauen Pille
seiner früheren Größe und Mächtigkeit erinnert
bleibt auf jeden Fall abzuwarten.

 

* * * * *
 

 

Immer die gleichen Fragen

 

Zum wievielten Mal streicht der Herbst die schiefen Birken
vor meinem Fenster mit seinem van Gogh-Gelb?

Zum wievielten Mal biegt der städtische Bus vorne
rot um die Ecke und gibt dabei lauthals Gas? 

Zum wievielten Mal zieht der Narr über mir die Klospülung, dass in meinem Bad die alten Rohre feucht klappern? 

Zum wievielten Mal nehme ich den Besen aus der Ecke
und hämmere hinauf, dass der Arsch endlich Ruhe gibt? 

Zum wievielten Mal kaue ich mit meiner Frau das Thema
durch, dass sie zumindest mit mir Frieden hält? 

Zum wievielten Mal werfe ich den Bettelbrief der Blinden
samt dem Zahlschein in die überquellende Mülltonne?

Zum wievielten Mal stelle ich mich im Laden vorn
um Brot, Milch und ein hartes Stück Käse an?

Zum wievielten Mal senkt sich mein trüber Blick in die
Geldbörse zum letzten beschissenen Zehner? 

Zum wievielten Mal kriecht mir die spinnenhafte Angst
über den Rücken und erzeugt heillose Unsicherheit? 

Zum wievielten Mal wünsche ich mir beim Einschlafen
dass die singende Sense unbemerkt im Dunkeln kommt
und der Wahnsinn für mich am Morgen ein Ende hat!

 

* * * * *
 

 

 

Grad jetzt

 

Draußen geht es unter die Nullgrad-Grenze
da gibt der Saunaofen seinen Geist auf
und ich zittere mir in der Saukälte
drinnen einen ab

Monatelang gibt es keinen Tropfen Regen
dafür schneit es jetzt gleich in großen Fetzen
und beim Wechsel auf die Winterreifen
warte ich stundenlang in der öligen Werkstatt

Mit einem Schlag verschwindet der letzte
gelbe Sonnenstrahl vom trostlosen Himmel
nur grau und schwarz in Dunkelheit gehüllt
siecht die gras- und blattlose Landschaft dahin

Fröhlichkeit und bunte Miniröcke
machen dunklen Mänteln und hastigen
Schritten in Schräglage gegen Sturm Platz
und die Menschen verschwinden von den Straßen

Zukunftsdenken und Heiterkeit werden
von düsteren Vorahnungen und Depressionen verdrängt
so manch einer sieht keinen Ausweg auf der Suche
nach der rostigen Rasierklinge oder einer Überdosis

Dabei drohen Weihnachten und Neujahr erst
und auch wenn das endlich überstanden ist
bedeutet das noch lang keine Garantie für freies Leben
in Ruhe und einschläfernd-beschissener Geborgenheit

 

* * * * *

 

 

r Jahrzehnte

 

Schönheit pur bis in die letzte Tangafalte
makellos und ewig jung 

Geld, viel Geld verdient oder ergaunert
grenzenlos und grenzlegal 

Kinder von allen möglichen Partnern
zugegeben und verheimlicht 

Angeberei mit Sex, flotten Autos und Häusern
blendend und verblendet 

Streit, Kampf um Vorherrschaft und Macht
selbstzerstörerisch und mörderisch

Trennung, Scheidung und Kinder in Panik
als Faustpfand gestört

für Jahrzehnte
 

* * * * *
 



 

Proportionen

 

Sie ist 18 oder 20, hat ein zartrosa Puppengesicht
umrahmt von einer schwarzen Mähne.

Und dieses Gesicht passt so gar nicht
zu den dicken Waden, die säulenartig in einen
monströsen Arsch übergehen.

Schade, denn wenn sie hinterm Tresen
der Bäckerei steht, sieht man nur
dieses blasse Engelsgesicht strahlen;
der Rest von ihr ist von Brotkörben
und der metallenen Kassa verdeckt.

Alle Männer starren in dieses liebliche Gesicht
am Abend auf der Straße dreht sich keiner
nach ihr um oder schaut ihr nach.
Sie wird es ein Leben lang verdammt schwer
mit den Kerlen haben und
besonders mit’m Sex.

 

* * * * *
 


 

Niccolo Paganini

 

Der Teufelsgeiger aus Genua
musste auf Befehl seines strengen Vaters
bis in die sinkende Nacht hinein
auf der Violine schuften.
Solch väterliche Strenge trägt natürlich
früher oder später Früchte.
Tut es heute noch bei Pianisten,
Tennisspielern, Slalom- und Eisschnellläufern.

Aber zurück zu Paganini, bei dem kam noch etwas hinzu:
nach seinem ersten Koitus mit einer Baronesse
hatte er einen Dauerständer –  tragisch, aber wahr! 

Und den hatte er von nun an stets
beim Anblick einer schönen Frau -
auch wenn diese gut gekleidet war -
und jedes Mal hielt die Erektion den ganzen Tag an.
Was wir Heutigen uns sehnlich wünschen,
muss für den Stargeiger damals die Hölle gewesen sein.

Trotz Dauererektion führte ihn die Kunst
nach Österreich, Deutschland,
England und Frankreich,
wo er stets herausragende
Erfolge verzeichnete
und mit seinen Konzerten
ein Vermögen verdiente.

Nach zahlreichen erfolglosen Arztbesuchen
vertraute er sich in Paris dem damaligen
Starmediziner und Begründer der Homöopathie,
Samuel Hahnemann, an.
Sein Pech war nur,
dass er sich bei der ersten Visite
sofort in Hahnemanns Frau, Melanie, verliebte.
Die verabreichte ihm eine fürchterliche Abfuhr -
und erneut eine Dauererektion.

Zu dieser Zeit musste sich
der Bedauernswerte bereits selbst
viermal täglich einen Katheder setzen,
um überhaupt urinieren zu können.
Die ununterbrochenen Erektionen
hatten seine Harnröhre komplett verengt.

Er starb mit 58 von allen Medizinern enttäuscht
und hat uns dennoch bis heute unerreichte Werke
der Violintechnik hinterlassen:
etwa das Konzert Nr. 1 in D-Dur Opus 6,
oder die 24 Capricci für Solovioline u.a.

Seine seltene Krankheit, den Priapismus,
benannt nach „Priapos“,
dem griechischen Gott der Fruchtbarkeit
behielt er bis zum Tod.

Nicht alles ist erstrebenswert,
was uns die Götter bescheren!

 

* * * * *
 

 

Unglaublich

 

Ich spür, wie sie jeden Tag
dürftiger wird – meine Lebendigkeit,
meine Zeit, mein Hirn, meine Beweglichkeit.

Und am schlimmsten ist,
dass man das
keinem anderen mitteilen kann.

Die sind alle gut drauf,
leben ewig – scheint’s -
und führ’n sich genauso auf.

Sag so einem was
über die Aussichtslosigkeit
seines Daseins.

Erklär’ ihm, dass alles
was er im Moment so wichtig findet
mit einem Schlag weg sein kann.

Für immer! Ein kleines Gefäß
platzt in seinem Schädel oder sonst wo
und alles läuft ganz anders ab für ihn.

Er glaubt es nicht
ist unangenehm berührt
schiebt dich beiseite – wetten!

 

* * * * *
 

 

 

Leck mich …

 

Ich hab die meiste Zeit meines Lebens verplempert.
Nicht absichtlich und nicht erfolglos,
aber ich hätte sie besser nützen können.

Das ist jetzt für immer vorbei,
zu spät, verpasst, vertan für immer.
Mögen es die nächsten besser machen.

Ich hab es eindeutig nicht geschafft.
Bin an dem dauernden Zwiespalt „Körper – Geist“
ganz kläglich gescheitert.

Vielleicht hab ich mir zuviel Gedanken gemacht.
Geht das überhaupt?
Aber momentan gibt's kein Entrinnen mehr.

Wenn einmal mehr als drei Viertel deiner Zeit
abgelaufen ist, dann kommst du mit’m
letzten Viertel nicht mehr zurecht.

Die letzten Jahre sind eigentlich die schwersten.
Den Tod schon knapp vor Augen
und noch so viel nicht erledigt! 

Und die Gewissheit, dass es nun nur mehr bergab geht.
Körperlich, geistig, finanziell, gesellschaftlich.
Pfui Teufel! Wer da sagt, das Alter ist was Schönes,

der leck mich doch am Arsch!


* * * * *
 

 

Play Bach

 

Spielt Klavier wie ein Gott
und Fußball genau so gern
ein Südamerikaner eben
aber in der Kombination einmalig 

Das große Geld kommt über die Tasten
Plattenproduzenten in USA und Japan
Konzerte im Madison Square Garden
in der Albert Hall und sonst wo 

Schießt 2 entscheidende Tore
in den letzten 3 Minuten
verletzt sich die rechte Hand schwer
muss das Klavierspiel aufgeben

Neubeginn in der Baubranche
kauft einen maroden Betrieb
mit 6 Angestellten – nach 4 Jahren
arbeiten über 600 Leute für ihn 

Steigt in die Politik ein
und unterstützt im Wahlkampf
einen der beiden Kontrahenten
Leider den falschen 

Die Presse dichtet ihm Unregelmäßigkeiten
bei Wahlkampfspenden an
macht ihn fertig
er setzt sich ins Ausland ab 

Ein Spezialist arbeitet mit seiner
kaputten Hand ein neues Programm durch
die Finger treffen wieder die richtigen Tasten
den Rest machen Ehrgeiz und Ausdauer

Er schafft das Comeback
neuerliche Konzerttourneen
er spielt den kompletten Bach
und anderes in Rumänien auf CDs ein 

Nach einer Studiositzung
wird er dort in der Nacht überfallen
Gewöhnliche Räuber ziehen ihm
eine Eisenstange über den Kopf 

Der gesunde Arm ist fortan gelähmt
aber er spielt einhändig weiter
wie Wittgenstein und ist berühmt
wie eh und je 

Bravo, Joao Carlos Martins!

 

* * * * *
 

 

 

Unverantwortlich

 

Die VS-Lehrerin Sabine K. aus Wien 12
fliegt über die Feiertage für eine knappe Woche
in die Türkei zu einer Urlaubsbekanntschaft
Ein stink-normaler Gegenbesuch
Sollte man meinen. 

Einen Tag vor Schulbeginn landet sie
mit Mann, Tochter und Kopfschmerzen
wieder daheim in Wien-Schwechat.  

Sie stopft noch die Wäsche in die Maschine
dann geht sie schlafen.
War doch etwas anstrengend
die Reise für die über 50-jährige Pädagogin
die am Montag mit rinnender Nase
und Gliederschmerzen pünktlich um acht
in ihrer Klasse steht und auf Sparflamme paukt.
Auch die Kinder sind nach so freien Tagen
gar nicht fit – etliche waren auch mit den Eltern weg
zwei ebenfalls in der Türkei – aber eine andere Provinz. 

Am Nachmittag kommen Gliederschmerzen hinzu,
Frau Lehrerin sucht ihren Hausarzt auf.
Wenig später liegt sie auf der Quarantänestation,
das volle Vogelgrippe-Programm läuft an.
Am nächsten Abend ist sie wieder zu Hause bei Papa.

Der Laborbefund ergibt:
Es ist nur eine stinknormale Influenza -
nicht die Vogelgrippe.
Und alle waren doch schon so gut darauf vorbereitet.

Aber am nächsten Tag kann man in der Zeitung lesen:
“Unverantwortliche Lehrerin stellt sich hustend
vor die Kinder ihrer Klasse und unterrichtet sie!
So konnte unser ausgeklügelter und sündteurer
Pandemieplan erst fast zwei Tage später greifen!
Die behandelnden Ärzte und Seuchenexperten
können über ihre verantwortungslose Patientin
nur noch den Kopf schütteln!“

Hmm? Was ich immer sage: Kollegen, bleibt
doch um Himmels Willen zu Hause!
Bei jeder Kleinigkeit. Es ist unverantwortlich,
sich krank und mies vor die Kids zu stellen.
Lieber bleiben jeden Tag
vier Klassen ohne Lehrkraft.
Der Direktor wird das schon schaukeln,
er ist erste Supplierreserve und bekommt
Münze für diesen Job – und nicht zu knapp.
Er wird dafür entlohnt, dass er mit
so Lappalien fertig wird und in jedem Stockwerk
“seiner“ Schule gleichzeitig eine Klasse führt
und fachgerecht unterrichtet –
vielleicht sogar Fächer übergreifend.
Der kann das schon – und wenn ihr wieder
ganz gesund seid, dann hängt noch zwei
oder drei Tage der Erholung dran,
sonst habt ihr sofort einen Rückfall,
denn unsere Kinder merken es sofort,
wenn die Frau Lehrerin nicht ganz fit ist
oder in der Türkei mit den Hühnern gespielt hat!
Und diese Schwäche nützen die beinhart aus.

Woher ich das alles so genau weiß?

Hab doch selbst 38 Jahre lang zwischen Tafel
und wissensdurstiger Meute
am Pranger gestanden – ha!


* * * * *
 

 

 

Klassenkampf

 

USA / Florida, in einem College,
der Name ist mir entfallen, iss aber
bedeutungslos, da es in fast allen
Colleges gleich zugeht.

Omer, 15 Jahre alt,
kommt wieder einmal in seine Klasse
In seiner Tasche steckt neben ein paar Büchern
auch die Luftdruckpistole seines Vaters.
Iss so ein Ding, das mehrere kleine
Bleihütchen fasst, sodass man nicht
jedes Mal mühsam nachladen muss.

Um zehn gehen alle Kids in den großen Schulhof
Es geht laut her – etwas zu laut für Omer.
Der zieht Papas Luftpistole aus der Tasche
und zielt auf die schreiende Göre aus der 4 A,
ja, die mit’m gelben Pulli und den großen Titten
auf der anderen Seite des Hofs.
Er drückt ab – sie schreit auf
und hält sich den linken Oberarm.
Ein kleiner Blutfleck zeigt sich
Die Lehrerin, Miss Closter, stürzt herbei,
auch die kriegt so ein Ding verpasst
mitten auf’n Arsch – das hat gesessen.

Da bellt ein Schuss über den Hof.
Omer bricht zusammen, er ist sofort tot.
Der wachhabende Polizist hatte ihn
in der Menge ausgemacht und die
Luftdruckpistole für eine echte Waffe gehalten.

Jaja, fürs Leben und nicht für die Schule lernen wir!

 

* * * * *
 

 

 

Rauchen macht nicht nur schlank

 

Nantes, Frankreich – in einer Disco -
am Samstagabend

Der 18-jährigen Pierre
hat schon starke Schlagseite
von dem grünen Gesöff
das sie hier literweise verkaufen
und jetzt gehen ihm auch noch
die Gitanes aus

Neben ihm an der Bar steht
der 26 Jahre alte Gilbert und raucht

“Gib mir nen Glimmstengel, Alter, aber dalli!“

„Bist du noch zu retten?
Kauf dir welche,
wenn du rauchen möchtest!“

“Ich sag’s nur noch einmal -
gib mir ’ne Lulle – oder du bist tot!“

“Aber leck’ mich doch, Arschloch!“

Sechsmal sticht Pierre mit seinem Schnappmesser zu.
Sein Gegenüber geht lautlos zu Boden
und stirbt noch vor Eintreffen der Rettung.

20 Jahre für Pierre. 

Ich sag’s ja immer:
Rauchen ist höchst ungesund!

 

* * * * *
 

 


 

Haddsch

 

Alle Jahre wieder pilgern Hunderttausende
zum heiligen Schrein nach Mekka
und jedes Jahr entsteht mindestens
eine Panik – wenn nicht zwei oder mehr
so auch heuer – und wieder mitten auf der Brücke.

Sie marschieren wie in Trance
dicht an dicht – keiner sieht den anderen
alle stehen im Banne des Ereignisses
der baldigen Himmelfahrt
endlich befreit vom harten Erdenlos -
es kann nur noch besser werden.

Da stolpert einer – die Masse drängt nach
der Pfad ist schmal, keiner bleibt stehen
der nächste tritt auf den Gefallenen
noch einer fällt – die ersten Schreie
Flucht steht ihnen ins Gesicht geschrieben.

Verzückung und Panik nebeneinander
keiner weiß, was wirklich los ist
nur die am Boden, die nicht mehr hochkommen
getreten, verletzt, zertrampelt werden. 

Angehörige versuchen die Ihren hoch zu reißen
und verursachen noch mehr Stau und Verwirrung
Hilfeschreie aller Orten
Blut, Tränen, Entsetzen, Ohnmacht. 

Heuer erwischt es sogar einen Österreicher
seine Überreste passen in eine Schuhschachtel
drei seiner Freunde treten die Heimreise
schwer verletzt ohne ihn an – Inshallah!

So Gott will – will er es wirklich so?

 

* * * * *

 


 

EU - Porno

 

Die Idee war gar nicht so schlecht:
man muss die EU den Bürgern nahe bringen.
Mhmm – geredet wird davon schon seit Jahren.

Nun hat es eine junge Werbefirma
einmal wirklich versucht.
Ein guter Fotograf zieht einem Mädel
einen schmalen EU-blauen Slip an
grad so breit, dass auf die Vorderseite
der Ring aus den 12 gelben Sternen passt
genau über der Muschi.

Am fertigen Plakat sieht man die gelben Sterne
herrlich auf dem blauen Stofffleckerl leuchten
darunter einen gut gewölbten Venushügel.
Die Oberschenkel und der teilweise entblößte Busen
verschwimmen leicht in Unschärfe
Echt gut fotografiert, muss ich sagen. 

Die Plakate hängen keine 24 Stunden in Wien.
Es hagelt Proteste von Frauenrechtlerinnen,
selbst Salzburgs Landeshauptmann-Frau G.B.
spricht von „zutiefst frauenfeindlicher Darstellung“.
Mehrere Sonderkommandos müssen in der Nacht
und bei dichtem Schneetreiben ausrücken,
um alle bereits montierten EU-Tangas
wieder abzuräumen.
Die Kosten sind enorm – wir Steuerzahler tragen sie.

Auf die verbotenen Plakate setzt ein unglaublicher Run ein.
Leider hab ich keines mehr ergattert –
Eines hängt jetzt in Graz bei einer Kunstaktion.

Aber ein Digitalfoto davon habe ich geschossen.
Möchte wer von euch einen Abzug?

 

 

* * * * *
 

 

 

Biometrie parlamentarisch

 

Immer wieder schleicht sich verkommenes Gesindel
in die heiligen Hallen des Parlaments in Wien ein.
Dann stören diese Unmenschen auch noch mit
Plakaten, Farbe und deftigen Zwischenrufen
die eine oder andere wichtige Sitzung der Abgeordneten.

Diesem Zustand wird nun unter Hausherrn Khol
endlich ein Riegel vorgeschoben.

Neue, elektronische Torschleusen
werden ins Allerheiligste eingebaut.
Sie funktionieren mittels biometrischer Daten,
die in Form eines Bildes von jedem Mitglied
des Hohen Hauses im System abgespeichert sind.
Eine winzige Kamera an der Tür
fotografiert jeden Ankommenden,
vergleicht das momentane Bild
mit dem in der Datenbank abgespeicherten
und gibt bei Übereinstimmung die Tür frei.
Wollen Hinz oder Kunz zur Tür rein,
werden diese als unbekannt erkannt
und die Tür bleibt verriegelt.

Die Idee ist gut, die Praxis sieht jedoch ganz anders aus.
Gestern wollte unser Kanzler wie immer eintreten,
doch die Tür verweigerte ihm den Zutritt.
Immer wieder grinste er in die Linse – vergebens.
Eine junge Abgeordnete wurde gerufen.
Sie hielt die Nase der Linse entgegen
und flugs sprang das Türl auf.
Danach wieder der Kanzler – keine Reaktion im Schloss. 

Nun kam es langsam an den Tag:
Vielen Angeordneten ist es schon mehrmals
ähnlich ergangen, und zwar an Tagen,
wo sie die Nacht vorher durchgezecht
oder durchgearbeitet hatten.
Hervorgerufen durch die Müdigkeit
müssen ein paar Gesichtszüge entgleist sein
und das System schaltete auf stur.
Auch ein Abgeordneter mit Brille
wusste plötzlich zu berichten:
“Auch ich habe im Winter
mit beschlagener Brille keine Chance.“

Dabei war das „Sesam öffne dich“ nicht ganz billig –
von ein paar hunderttausend Euro ist die Rede.
Nun wandte man sich an die Herstellerfirma.
Die versprach zwar den Schaden
ohne Mehrkosten zu beheben,
indem der Software auf die Sprünge
geholfen werden soll – angeblich eine Lappalie.

Inzwischen kann man beim Kameraauge
noch immer putzige Szenen beobachten:
Hier versuchen sich Männlein und Weiblein
an ihr Gesicht zu erinnern,
das sie vor Monaten
beim Fotografieren gemacht haben.
Es werden Brillen geputzt, Haare geglättet,
Lippen befeuchtet, Augen aufgerissen,
Lächeln wird durch ernstes Schauen verdrängt.
Ich hab auch schon einen beobachtet,
der nach mehreren Fehlversuchen
dem Ding einfach die Zunge rausgestreckt hat.

Wenn das kein gelungener Schildbürgerstreich ist!

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